Nazinetzwerk NSU 20

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RICHTER Guten Morgen, nehmen Sie bitte Platz. Zur Anwesenheit: Die Verteidigung der Angeklagten Zschäpe: Herr Rechtsanwalt Heer. Herr Rechtsanwalt Stahl. Frau Rechtsanwältin Sturm. Die Vertreter der Bundesanwaltschaft …
ERMITTELNDER JOURNALIST 89. Verhandlungstag im NSU-Prozess. Auf der Zuschauer-Empore, neben mir, nimmt ein kleiner Mann Platz. Übergewichtig. Abrasierte Haare.
VERBORGENE QUELLE Der Terrorist Karl-Heinz Statzberger. Er wollte auf die Besucher der Grundsteinlegung des neuen Jüdischen Zentrums in München 2003 einen Bombenanschlag verüben. Dafür saß er vier Jahre und drei Monate im Gefängnis. Mittlerweile ist er aus der Haft entlassen und macht weiter.
ERMITTELNDER JOURNALIST Seine Gesinnung trägt Statzberger offen zur Schau: Auf seinem Kapuzenpullover prangt der Schriftzug einer Neo-Nazi-Band – besser gesagt: Der Neo-Nazi-Band überhaupt: "Screwdriver". Die Band von "Blood and Honour"-Gründer Ian Stuart Donaldson.
VERBORGENE QUELLE Bis heute eine Kultfigur. Gerade, weil er früh stirbt. Nach Donaldsons Unfall-Tod 1993 steigt neben "Blood and Honour" ein weiteres Netzwerk ins braune Musikgeschäft ein: "Combat 18".
ERMITTELNDER JOURNALIST Wieder der bekannte Zahlencode: "Combat 18" heißt "Kampftruppe Adolf Hitler". Kürzel: "C18" [engl.] - "C18" [dt.]. Ihr Zeichen: Ein SS-Totenkopf. Nach Donaldsons Tod übernimmt "Combat 18" die britischen Geschäfte des transnationalen Netzwerks "Blood and Honour".
VERBORGENE QUELLE Die einen von "Combat 18" kümmern sich mehr um Fanzines, Veranstaltungen, Merchandising oder Organisation. Das lukrative Musik-Business übernimmt Co-Boss Will Browning.
ERMITTELNDER JOURNALIST William James Browning. Brite. Frontman der Band "No Remorse". Auf Deutsch: Keine Reue.
VERBORGENE QUELLE Ein Soldat der Sache: Rassenkrieg! Geld aus dem "Blood and Honour"-Label pumpte er in die Planung von Bombenanschlägen, die allerdings fehlschlugen, weil britische und dänische Behörden die Sprengkörper rechtzeitig entdeckten. Das war 1997.
ERMITTELNDER JOURNALIST Zwei Jahre später. 1999. London. Drei Nagelbomben. Das Ziel: Einwanderer-Viertel und Homosexuellen-Szene. Drei Menschen sind tot. Fast zweihundert verletzt.
VERBORGENE QUELLE Währenddessen, also 1999, ist "Combat-18"-Boss und Musiker Browning unterwegs: Seine Tour durch Ostdeutschland wird vom britischen Geheimdienst überwacht. Am Flughafen Wien lassen ihn die österreichischen Behörden nicht einreisen. Das Konzert in Bayern aber klappt.
ERMITTELNDER JOURNALIST 26. Juni 1999. Nahe Coburg. Franken. Sportplatz der Gemeinde Großheirath. Es spielen: Brownings britische "Combat 18"-Band "No Remorse" und die norddeutschen "Stahlgewitter". Drei Tage vor dem Coburger Konzert: Erster Bombenanschlag des NSU. 23. Juni 1999. Nürnberg. In einer von Migranten betriebenen Kneipe. Rohrbombe als Taschenlampe getarnt. Ein Verletzter. Nur eine Autostunde entfernt vom Auftrittsort der britischen Nazi-Band.
VERBORGENE QUELLE War es ein Willkommensgruß an den großen "Combat 18"-Boss Browning? Den Rassenkrieger und Terrorstrategen? Entsprechend der Selbst-Erklärung des NSU: "Mehr als Worte zählen die Taten". Eine Botschaft an die Szene: Nicht nur in London, sondern auch in Nürnberg sind wir bereit für den Rassenkrieg?
AKZENT

Mit freundlicher Genehmigung der Autoren aus: "Nazinetzwerk NSU - ein Feature über Europas extreme Rechte von Ralf Homann und Thies Marsen"