Gianfranco Bertoli

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Gianfranco Bertoli, geboren 1933 in Venedig, gestorben 2000.

Biografie

Bertoli macht schon in den 50er-Jahren für den SIFAR "Waffen in Besitz der Roten" ausfindig. Neben führenden Kreisen der mit der CIA zusammenarbeitenden Rechten der Organisation Pace e Libertà um Luigi Cavallo und Edgardo Sogno ist er auch bei Kleinkriminellen gut bekannt. Anfang der 6Oer-Jahre landet er für einige weniger gravierende Delikte im Gefängnis. Ende der 60er-Jahre macht er Bekanntschaft mit dem führenden Rechtsterroristen Franco Freda in Padua. Nach einem Banküberfall in Padua setzt sich Bertoli mit einem falschen Pass ins Ausland ab. Hochinteressant ist der Weg dieses Passes. 1968 dem Marxisten-Leninisten Massimo Magri aus Bergamo gestohlen, erhält Bertoli ihn über Aldo Bonomi aus Sondrio, der Anfang der 70er-Jahre als Rotbrigadist bekannt wird.

Mit der Hilfe von Anarchisten landet Bertoli zunächst in der Schweiz. Dann schickt ihn der Geheimdienst SID über Frankreich in einen israelischen Kibbuz, wo er auf Abruf bleibt.

Von dort bricht er im Mai 1973 für eine gut bezahlte Spezialaktion nach Marseille auf. Leiter ist der Kommandant der "Rosa dei venti"-Organisation, Eugenio Rizzato, der wegen Kollaboration mit den Nazis nach dem Krieg sieben Jahre im Gefängnis verbrachte. Bertolis Aufgabe ist es, vor dem Polizeipräsidium in der Via Fatebenefratelli in Mailand, kurz nach einer Gedenkfeier zum Tod des ein Jahr zuvor erschossenen Polizeikommissars Luigi Calabresi, eine Zeitbombe zu platzieren.

Die Explosion der Bombe am 17. Mai 1973 tötet vier Menschen und verletzt 52. Bertoli wird noch am Tatort gefasst. Er gibt sich als Anhänger Max Stirners aus und zeigt auf seinem Arm ein eintätowiertes umkreistes A, Erkennungszeichen der Anarchisten. Er habe ein Attentat auf den zu der Gedenkfeier erschienenen Ministerpräsidenten Rumor ausüben wollen, um seine verfolgten Anarchistenfreunde zu rächen. Untersuchungsrichter Tamburino stößt jedoch sehr bald auf Zusammenhänge mit der "Rosa dei venti", für die der Anschlag Anlass für Aufstandspläne 14 Tage später geben sollte. Als dieser Zusammenhang deutlich wird, bekommt Bertoli in der Presse den Beinamen "NATO-Anarchist". Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt und stirbt im Jahr 2000 als Freigänger im Gefängnis.

Später wird festgestellt, dass die Bombe Bertolis aus den Beständen der Gladio-Waffendepots stammte und dass er seit 1960 regelmäßige Geldüberweisungen vom Geheimdienst erhielt.

(aus: Regine Igel, 2006: Terrorjahre)