Francesco Pazienza

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Francesco Pazienza, geboren 1946 in Lerici.

Biografie

Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums arbeitet er ab 1973 mit Jacques Cousteau im französischen Geheimdienst SDECE zusammen. Verschiedene Sprachen sprechend, wird er als Berater großer Firmen in der ganzen Welt tätig und kommt dabei in Kontakt mit amerikanischen Großindustriellen und Vertretern der republikanischen Partei. Er hält sich viel in arabischen Staaten auf und pflegt enge Beziehungen mit deren Geheimdiensten und Finanzwelt. Als Ratgeber der internationalen Hochfinanz wird Pazienza ein reicher Mann.

Exponenten der führenden republikanischen Strategen, unter anderen Alexander Haig, schicken ihn 1978 — da die Demokraten regieren, über informelle Beziehungsstrukturen — nach Italien. Dort wird er Sekretär des SISMI-Chefs Santovito und verschafft sich schnell Zugang zu allen wichtigen Politikern und zu Freimaurerkreisen, vorneweg zur P2. Ohne Umschweife knüpft er auch Kontakt mit der Kriminellenorganisation Banda della Magliana und der Mafia, mit der er schon in Amerika in enger Verbindung stand. Dass er während seiner Jahre mit dem SISMI — wie später aufgedeckt wird — unkontrolliert über die schwarzen Kassen des Geheimdienstes verfügen kann, zeigt seine exponierte, US-gestützte Machtposition.

In Rom und New York unterhält Pazienza eine Niederlassung seines undurchsichtigen Unternehmens "Geopolitics Economical and Strategic Data Inc.", die die Herstellung von Geschäftsverbindungen zwischen italienischen und amenkanischen Unternehmen anbietet. Die parlamentarische Kommission zur P2 bezeichnet dieses Unternehmen als eine geheimdienstähnliche Institution.

Als P2-Chef Gelli nach der Entdeckung seines Archivs 1981 ins Ausland flieht, nimmt Pazienza seinen Posten ein.

Im Prozess zum Bombenattentat im Bahnhof von Bologna werden Pazienza und Gelli angeklagt, mit gezielt in Umlauf gebrachten Desinformationen die Ermittlungen zum Anschlag behindert zu haben und damit hinter dem Attentat zu stehen.

Beide werden in der ersten Instanz verurteilt. Der Prozess bringt die Beteiligung Pazienzas an einem extensiven illegalen Waffenhandel ans Tageslicht. Diese Waffen kamen meist über Bulgarien aus Ostblockstaaten wie Russland und der Tschechoslowakei und waren — wie die Anklageschrift festhält — für italienische Terroristen bestimmt.

Wie aus Zeugenaussagen vor der Parlamentskommission deutlich wird, pflegte Pazienza gerne zu sagen: "Die CIA — das bin ich." Bekannt wird, dass er regelmäßige Zahlungen von der CIA erhielt.

Nach dem gewaltsamen Tod des Bankiers Calvi und dem Ausscheiden des SISMI-Chefs Santovito wegen seiner bekanntgewordenen Mitgliedschaft in der P2 wird es in Italien brenzlig für Pazienza, und er setzt sich auf die Seychellen ab. Zahlreiche Untersuchungsrichter befassen sich seither mit ihm: wegen des Bologna-Attentats, wegen Erpressung, Drogen- und Waffenhandels, Mitgliedschaft in einer mafios-kriminellen Vereinigung, Illegalitäten des SISMI. Als mit dem Auftauchen zweier italienischer Polizeifunktionäre auf den Seychellen Pazienzas Kreise auch dort gestört werden, flüchtet er mit dem Boot des Ex-Schahs von Persien, für dessen Sohn er als Geschäftsberater tätig war.

1985 wird er in New York aufgrund eines Haftbefehls der Mailänder Staatsanwaltschaft wegen Teilnahme am betrügenschen Bankrott der Ambrosiano-Bank und Vergehen im Zusammenhang des Bombenanschlags im Bahnhof von Bologna verhaftet.

Nach einem Jahr Haft im Gefängnis von Manhattan wird er nach Italien ausgeliefert, allerdings nur für die Vergehen zum Bombenanschlag, nicht für die des Bankrotts. So ist Pazienza in Italien zunächst wieder auf freiem Fuß, um 1987 erneut festgenommen zu werden.

Erst 1995 wird er in der letzten Prozessinstanz zusammen mit zwei Geheimdienstfunktionären des SISMI als Agent der CIA zu zehn Jahren Gefängnis (in Parma) für seine Beteiligung (Legen falscher Spuren) am Bombenattentat im Bahnhof von Bologna im Gefängnis verurteilt.

(aus: Regine Igel, 2006: Terrorjahre)