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Informationsfreiheit statt Geheimhaltung

Zu einer freien Gesellschaft gehört Informationsfreiheit: Alle Menschen, insbesondere Frauen und Menschen mit Gebärmutter, müssen sich frei über Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs informieren können.

Weil Ärzt:innen diese wichtigen Informationen aufgrund informationsfeindlicher Regelungen in § 219a StGB nicht mehr selbst bereitstellen dürfen, stellen wir hier wichtige Informationen zum Ablauf legaler Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland bereit. Verbreiten Sie sie gerne weiter. § 219a muss weg!

Gesetzliche Voraussetzungen für einen legalen Schwangerschaftsabbruch

Für einen legalen Schwangerschaftsabbruch in Deutschland benötigen Sie entweder

   eine schriftliche Bescheinigung über eine Beratung bei einer nach § 219 StGB bzw. § 7 SchKG anerkannten Beratungsstelle oder
   eine schriftliche ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer medizinischen oder kriminologischen Indikation nach § 218 StGB

Durchführung eines Schwangerschaftabbruchs

Es gibt drei Methoden des Schwangerschaftabbruchs: medikamentös, chirurgisch mit örtlicher Betäubung sowie chirurgisch mit Vollnarkose. In der Regel übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten der Behandlung nur, wenn sie aus medizinischer Sicht angezeigt ist.

Der Verlauf ist in der Regel folgendermaßen: Sie treffen in einer behandelnden Arztpraxis ein, Ihre Unterlagen werden auf Vollständigkeit überprüft. Danach findet ein Aufnahmegespräch mit der Arzthelferin oder Krankenschwester statt. Diese Kollegin bleibt dann in der Regel die Bezugsperson während des gesamten weiteren Aufenthaltes. Im Anschluss findet das Gespräch mit der Ärztin statt. Vor dem Schwangerschaftsabbruch führt die Ärztin eine Tastuntersuchung zur Bestimmung der Lage und Größe der Gebärmutter durch. Ebenso wird eine Ultraschalluntersuchung gemacht, um das Schwangerschaftsalter zu bestimmen.

Der weitere Verlauf unterscheidet sich beim medikamentösen und chirurgischen Abbruch. Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch

Ein medikamentöser Abbruch ist in Deutschland nur bis zum 63. Tag nach der letzten Regel möglich (entspricht dem 49. Tag nach der Empfängnis). Das benutzte Medikament ist ein künstliches Hormon (Mifepriston), das die Wirkung des Hormons Progesteron blockiert. Progesteron ist entscheidend an der Entwicklung und Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt. Für die medikamentöse Methode sind in der Regel zwei Termine in einer Praxis erforderlich.

Beim ersten Besuch erfolgt die Untersuchung mit Ultraschall. Sollte die Fruchtblase noch nicht im Ultraschall zu sehen sein, ist eine Bestimmung des Schwangerschaftshormons -HCG im Blut erforderlich.

Anschließend werden drei Tabletten des Medikamentes unter ärztlicher Aufsicht eingenommen. Oft kommt es bereits am folgenden Tag zur Blutung. In drei Prozent der Fälle wird das Schwangerschaftsgewebe ohne weitere Behandlung in den nächsten beiden Tagen ausgestoßen. Auch in diesem Fall ist ein zweiter Besuch zur Kontrolle erforderlich. Viele Patient:innen spüren jedoch keine körperliche Veränderung. Beim zweiten Besuch in der Praxis muss mit drei bis vier Stunden Aufenthalt gerechnet werden. Patient:innen bekommen mehrere Tabletten des Medikaments Prostaglandin, das die Ausstoßung des Schwangerschaftsgewebes fördert. Bei vielen Patient:innen kommt es zu Kontraktionen der Gebärmutter und Blutungen setzen ein. Sollte es nach zwei bis drei Stunden nicht zu einer Blutung gekommen sein, wird die Gabe des Medikaments wiederholt und eine Stunde später kann die Praxis in aller Regel verlassen werden.

Bei vielen Patient:innen kommt es während des Aufenthaltes in der Praxis zum Ausstoßen der Fruchtblase, aber bei jeder vierten Frau setzen die Blutungen sogar erst nach 24 Stunden ein. Sollte also nicht innerhalb der drei bis vier Stunden die Fruchtblase ausgestoßen sein, so ist das kein Grund zur Beunruhigung. Nebenwirkungen und Komplikationen

Mögliche Nebenwirkungen sind Unterleibsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Blutungen können stärker sein als beim chirurgischen Abbruch oder bei Ihrer Periode und länger anhalten. In ca. 1-4% versagt die Methode. Bei einer weiter bestehenden Schwangerschaft ist eine chirurgische Beendigung des Abbruchs notwendig. Gründe gegen die medikamentöse Methode

   Konkreter Verdacht auf eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (z.B. im Eileiter)
   Unverträglichkeit von Prostaglandinen
   Allergie gegenüber Mifepriston
   Chronische Nebenniereninsuffizienz
   Schweres Asthma (Einnahme von Cortisontabletten.)
   Leber- und Nierenversagen

Eine evtl. liegende Spirale muss entfernt werden. Chirurgischer Schwangerschaftsabbruch

In der Regel erhalten Patient:innen ca. eine Stunde vor Beginn des Eingriffs Medikamente, die die Gebärmutter vorbereiten (Priming). Dadurch wird das Risiko, die Gebärmutter beim Eingriff zu verletzen, verringert. Der chirurgische Schwangerschaftsabbruch kann entweder unter lokaler Betäubung oder mit Vollnarkose durchgeführt werden. Bei einer örtlichen Betäubung wird das Betäubungsmittel in den Muttermund gegeben. Dies wird von vielen Patient:innen gar nicht bemerkt, obwohl die Angst davor oft groß ist. Die Nerven am Muttermund reagieren zwar auf Druck sehr empfindlich, aber nicht auf Berührung.

Die Vollnarkose wird durch eine Narkoseärztin durchgeführt. Die Narkosemittel werden über eine in die Armvene gelegte Nadel gegeben. Kurz darauf wird die Patient:in müde und schläft ein, sodass sie sich später nicht mehr an den Eingriff erinnern kann. Oft erinnern die Patient:innen nicht einmal, dass Sie nach ca. 15 Minuten, wenn der Eingriff beendet ist, selbständig in den Ruheraum gelaufen sind.

Zur Vorbereitung des Absaugens wird der Muttermund mit Dehnungsstäben geöffnet. Mit einem Plastikröhrchen wird anschließend das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Dabei wird auch die obere Schleimhautschicht mit entfernt, die normalerweise bei der Periode abblutet. Das Absaugen dauert nur wenige Minuten. Am Ende zieht sich die Gebärmutter zusammen, um die Blutung zu stoppen, was in etwa dem Gefühl bei der Menstruation oder den Nachwehen nach einer Geburt entspricht. Es folgt eine Kontrolle, ob die Gebärmutter vollständig entleert ist. Auch das abgesaugte Gewebe wird kontrolliert. Komplikationen

   Entzündungen der Unterleibsorgane
   Gewebereste, die zu verstärkten Blutungen oder auch zu Entzündungen führen können. In seltenen Fällen muss ein weiterer Eingriff erfolgen
   Allergische Reaktionen auf Medikamente
   Verletzungen der Gebärmutter oder des Gebärmutterhalses sowie angrenzender Gewebe

Bei ernsten Komplikationen kann eine Verlegung ins Krankenhaus erforderlich sein. Begleitpersonen

Oft ist es hilfreich, eine Begleitperson zum Abbruch mitzubringen, z.B. Partner:innen oder andere Begleitpersonen wie Freund:innen und Verwandte. Sollte ein Schwangerschaftsabbruch in örtlicher Betäubung gemacht werden, ist es auch möglich, sich beim Abbruch in den Behandlungsraum begleiten zu lassen. Ansonsten kann die Begleitperson in der Regel im Ruheraum bei Ihnen sein. Nach dem Abbruch

Bis zu 24 Stunden nach dem Eingriff sollten Patient:innen nicht selbst Auto fahren. Eine Nachuntersuchung bei Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ist ca. 14 Tage nach dem Abbruch erforderlich. (Beim Medikamentösen Abbruch zwischen dem 10. und 14. Tag nach Mifegyne-Einnahme). Nur dann kann gewährleistet werden, dass der Abbruch vollständig war und keine gesundheitlichen Nachteile entstehen. Verhütung

Der erste Eisprung nach dem Abbruch findet nach ca. zwei bis vier Wochen statt. Dementsprechend setzt die nächste Regelblutung nach vier bis sechs Wochen ein. Da Patient:innen direkt nach dem Abbruch wieder empfängnisbereit sind, sollte die Frage der anschließenden Verhütung geklärt sein. Bitte besprechen Sie dieses Thema mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.

Zur Unterstützung der Gebärmutterrückbildung ist es möglich, direkt mit der Pille zu beginnen. Dies wird aus medizinischen Gründen für den medikamentösen Abbruch empfohlen. Essen und Trinken, Medikamente

2 Tage vor dem Eingriff dürfen kein Aspirin oder sonstige Mittel mit Acetylsalicylsäure eingenommen werden. Sollten Sie andere Blutverdünnende Medikamente nehmen oder eine Blutgerinnungsstörung haben, sollten Sie mit Ihrer Ärztin vorab das weitere Vorgehen besprechen.

Beim chirurgischen Abbruch mit örtlicher Betäubung ist es sinnvoll, eine leichte Mahlzeit zu sich zu nehmen, aber nicht später als zwei Stunden vorher. Beim chirurgischen Abbruch mit Vollnarkose dürfen Sie 6 Stunden vorher auf keinen Fall essen, trinken oder rauchen. (Nikotin regt die Magensäure an und im Notfall könnte säurehaltige Flüssigkeit in die Lunge gelangen!) Bis 1 Stunde vor dem Termin können Sie klare Flüssigkeit (ohne Milch und Zucker) zu sich nehmen. Was muss zum Termin mitgebracht werden?

   Beratungsbescheinigung über die nach § 219 StGB durchgeführte Beratung oder Indikation nach § 218 StGB
   Blutgruppennachweis
   Versichertenkarte
   Kostenübernahmebescheinigung oder Bargeld
   Überweisungsschein der Frauenärztin/des Frauenarztes

Es sollte bequeme Kleidung getragen werden sowie Damenbinden, Socken und ein Badehandtuch. Information on terminations of pregnancies in Germany (English) Kürtaj bilgileri (Türkçe) Weiterführende Informationen sammeln

Für weitere Details zur Gesetzgebung, Ärzt:innen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sowie Organisationen, die sich für Frauenrechte einsetzen, haben wir hier einige Links zusammengetragen. Nutzen Sie bitte unser Kontaktformular, um uns auf weitere Quellen hinzuweisen. Und generell gilt: Verbreiten Sie die Informationen gern weiter! Hinweise für weitere Informationsquellen Links

   familienplanung.de – Liste von Ärztinnen und Ärzten, Kliniken und Einrichtungen, die grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche vornehmen
   Informationen der Bundesärztekammer mit einer Liste von Ärztinnnen und Ärzten
   Verein Pro-Choice e.V. zur Abschaffung von § 219a
   Vorträge und Veröffentlichungen von Kristina Hänel
   Doctors for Choice Germany informieren zu Rechtslage und Methoden des Schwangerschaftsabbruchs
   Statistiken über Schwangerschaftsabbrüche im KATAPULT Magazin
   Umfangreiche Informationen zu sexueller und reproduktiver Gerechtigkeit bei der Heinrich Böll Stiftung
   Center for Reproductive Rights zum weltweiten Kampf für reproduktive Rechte (englisch)