Der Letzenberg

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Ein Kraftort mit einem atemberaubenden Panorama

Malsch – rka – Wohin führt man seine Gäste, wenn man ihnen die faszinierende Schönheit der Heimat zeigen möchte? Natürlich auf den Letzenberg mit seinem traumhaften Rundblick. Der Weg zur Kapelle steigt sanft an, man geht entlang der Weinberge, die Malsch und seinen Wein bekannt gemacht haben. Ab und zu stehen am Hang auch Obstbäume. Schon unterwegs weitet sich der Blick über die Rheinebene hin zum Pfälzer Wald. Ein Kreuzweg führt hinauf zur Kapelle und lädt an den einzelnen Stationen zum Innehalten ein. Jedes Jahr mindestens zweimal pilgern die Menschen aus der Umgebung diesen Weg hinauf, um gemeinsam vor der Kapelle zu den „Sieben Schmerzen Mariens“ zu beten. Ein frommes Ehepaar hat im Jahre 1884 den Kreuzweg gestiftet. Noch stand hier oben keine Kapelle.

Kapelle auf dem Letzenberg in Malsch

Obwohl der Letzenberg nur 247 Meter misst, bietet sich dem Betrachter ein atemberaubendes Panorama: Im Westen der Pfälzer Wald mit dem Melibokus, im Süden der Michaelsberg, dahinter die dunklen Höhen des Schwarzwalds. Nach Osten schweift der Blick auf die unzähligen Hügel des Kraichgaus, schön durchmischt mit Feldern und Wäldern. Um die Ecke in Richtung Malschenberg geht der Blick zum Galgenberg, dann zum Odenwald mit seinem Eckpfeiler zur Rheinebene, dem Königstuhl.

Ja, wenn der Letzenberg erzählen könnte! Er würde berichten, wie die Menschen hier oben bereits im 13. Jahrhundert einen Wirtschaftshof, eine „curia in Blezenberg“ betrieben, der am 23. Mai 1296 erstmals urkundlich erwähnt wird. Es bleibt ein Rätsel, wie man die schwierige Wasserversorgung löste. Ein ehemaliger Brunnenschacht könnte Aufschluss geben. Geradezu sensationell erscheint es, dass sich Gebäudereste und Mauern in noch tieferen Schichten finden, also noch unter den Grundmauern des mittelalterlichen Hofguts. Möglicherweise sind es Reste aus keltischer oder römischer Zeit. Nur archäologische Untersuchungen könnten hier Klarheit verschaffen. Der Letzenberg birgt also so manches Geheimnis, das man noch lüften könnte.

Und was bedeuten die runden und eckigen Plätze, die man bei geophysikalischen Untersuchungen entdeckt hat? Es könnten Überbleibsel vom Bauernkrieg 1525 sein. Denn damals hatten sich die aufständischen Bauern aus der Umgebung auf dem Letzenberg verschanzt und ihr Feldlager aufgeschlagen. Auf diesen eingeebneten Plätzen könnten Zelte oder andere provisorische Unterkünfte gestanden haben. Das Ende des Krieges ist bekannt und auch grausam: Am 23. Mai 1525 rückte der Kurfürst mit 1.800 Reitern, 4.500 Mann Fußvolk und Feldgeschütz aus, um den Bruhrainer Haufen zu unterwerfen. Im Gegensatz zu den sehr grausamen Strafexpeditionen in anderen Regionen befahl der Kurfürst seinen Heerführern „bei Leibesstrafe, keinen Flecken, Hof oder Dorf zu brennen oder zu brandschatzen, keinen Bauern zu fangen oder zu schatzen, Vieh, Wein und anderes nicht mit Gewalt zu nehmen, keinen Keller noch Kiste aufzuschlagen oder zu plündern, sondern allein Heu, Stroh, Hühner und Geißen zu nehmen“. Die Bauern aber wurden, weil sie sich nicht ergeben wollten, vom kurpfälzischen Heer niedergemacht und Malsch samt Kirche niedergebrannt.

Der Letzenberg war auch wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs Schauplatz eines erschütternden Dramas, über das der Roter Heimatforscher Kuno Schnader berichtet: Am Ostersonntag, 1. April 1945 starben in Rot 32 unschuldige Frauen, Männer, Kinder und Soldaten. Was war geschehen? Zwischen Rettigheim und Östringen hatte eine Einheit der 17. SS-Panzerdivision „Götz von Berlichingen“ Stellung bezogen und feuerte drei Serien ihrer 20-Zentimeter-Granaten auf das Dorf. War es ein strategischer Beschuss, weil amerikanische Panzer anrückten, oder ein Racheakt der Waffen-SS? Auf jeden Fall kamen die Meldungen an die deutsche Artillerie, dass amerikanische Panzer im Anrücken auf Rot seien, von einem Beobachtungsposten auf dem Letzenberg. Zwei Jungen aus Malschenberg hatten den Funkspruch mitgehört und erzählten davon im Dorf. Friedrich Bellemann, ein Kriegveteran, eilte auf den Letzenberg und durchschnitt kurz entschlossen das Fernmeldekabel und verhinderte damit noch Schlimmeres. Auch der Letzenberg selbst lag am Karfreitag und Ostersonntag 1945 unter amerikanischem Artilleriefeuer. Die Kapelle aber blieb unversehrt.

Altar der Letzenbergkapelle

Im 16. Jahrhundert gibt es erste Berichte von einer Wallfahrt. Auf einer Landkarte des Jahres 1548 taucht eine „Wendelinuskapelle“ südlich von Wiesloch auf. Um 1717 ist sie immer noch Ziel der Gläubigen bei Prozessionen, wobei man den heiligen Wendelinus als Patron der Landwirte und insbesondere als Patron des Viehs anrief. 1722 schaltete sich der Speyerer Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn ein und erlaubte eine Spendensammlung, um eine Kapelle „zu Ehren des Heiligen Kreuzes auf dem Letzenberg“ zu errichten. Doch der Bau der Kapelle blieb ein frommer Wunsch, obwohl die Wendelinusprozession zweimal im Jahr zu einer lieben Gewohnheit geworden war.

Im Sommer 1888 kam Bewegung in das Vorhaben, als der Mainzer Bischof Paul Leopold Haffner nach einer Firmung in Malsch einen Ausflug auf den Letzenberg unternahm. „Hier müsst ihr eine Kapelle bauen“, soll der beim wunderbaren Anblick voller Bewunderung ausgerufen haben. Spontan schickte er noch einen Splitter vom Heiligen Kreuz als Altarreliquie für die künftige Kapelle, ein Ansporn für die Malscher, die notwendigen 8000 Mark für den Bau der Kapelle zu sammeln. Das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg staunte nicht schlecht, als man vor Ort die bischöflichen Baupläne ablehnte und ausrichten ließ, man plane eine „von der alltäglichen Bauweise abweichende Kapelle“. Doch zur großen Verwunderung der Malscher war man auch in Freiburg von den neuen Plänen so begeistert, dass man sie zur Deutschen Bauausstellung nach Dresden schickte, wo sie mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurden.

Den Grundstein für die Kapelle legte am 4. Mai 1903 Pfarrer Josef Isenmann. Die Kapelle, die nun seit 1903 den Letzenberg krönt, ist schon außergewöhnlich: Achteckig, im Jugendstil erbaut, dreifarbiges Dach, gekrönt mit einem Kreuz, dazu ein Turm, der auch im Orient in den Himmel ragen könnte. Auf ihm läutet eine im Juli 1905 gegossene Glocke. Dazu passt auch das byzantinisch wirkende Mosaik über dem Eingangsportal, das die Gottesmutter zeigt, deren Herz von sieben Schwertern durchbohrt wird. Beim Betreten der Kapelle zieht es den Blick unwillkürlich zur Pieta hinter dem Altar. Er wird eingerahmt von den Statuen des heiligen Josef, des heiligen Wendelinus und des Erzengels Michael.

Auch heute noch zieht es Wallfahrer auf den Letzenberg. Die Wallfahrt im Frühjahr findet am ersten Maisonntag und die Herbstwallfahrt am dritten Sonntag im September statt. Zwischen den beiden Wallfahrten findet immer dienstags abends ein Gottesdienst vor oder in der Kapelle statt. Am letzten Sonntag im September pilgern auch Pferde und Reiter den Letzenberg hinauf, gefolgt von Haustieren jeder Größe. Seit zwölf Jahren führt auch ein Jakobsweg über den Letzenberg nach Speyer und dann weiter durch Frankreich und Spanien nach Santiago de Compostela. Der Weg ist markiert, immer der gelben Jakobsmuschel nach. Ein Ausflug auf den „Hausberg“ von Malsch lohnt sich immer, sei es als Pilger, Wallfahrer, Wanderer, Spaziergänger, Ausflügler. Auf jeden Fall ist der Kraftort ist ein idealer Platz zum Innehalten.

Autor

Rudi Kramer
Geiersbergstraße 7
69242 Mühlhausen