General a.D. Harald Kujat am 15.11.2025:III: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Ukrainekrieg ist für Europa ein Menetekel. Ich plädiere schon lange für die Selbstbehauptung Europas: politisch, wirtschaftlich, technologisch und in Grenzen auch militärisch. Aber das darf nicht Autarkie von der NATO bedeuten, sondern sollte ein starker europäischer Pfeiler im Bündnis sein. Denn nur so können die europäischen Sicherheitsinteressen in der Allianz stärker zur Geltung gebracht werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die auch der NATO angehören, sollten für eine komplementäre und nicht für eine konkurrierende Sicherheitspolitik eintreten und auf diese Weise die geopolitische Handlungsfähigkeit Europas stärken. Denn Europa ist nicht zuletzt durch den Ukrainekrieg geschwächt und in der Machtarithmetik der großen Mächte nahezu in die Bedeutungslosigkeit abgeglitten. Noch dazu, weil Europas strukturelle Probleme der Abhängigkeit den weltpolitischen Einfluss zusätzlich mindern – bisher energiepolitisch von Russland, auch in Zukunft sicherheitspolitisch und strategisch von den USA, wirtschaftlich und technologisch von den USA und China. Die Sanktionen gegen Russland haben unsere Verwundbarkeit offengelegt, interne Divergenzen verstärkt und zentrifugale Kräfte befeuert. | |||
Diejenigen, die nach wie vor an einen Sieg der Ukraine glauben, stützen ihre Hoffnung darauf, dass den Russen bei andauernder Unterstützung der Ukraine und bei gleichzeitiger Fortsetzung der Sanktionen früher oder später die Luft ausgeht. Natürlich wirken sich die Sanktionen wie auch der permanente Verbrauch und Verschleiß von militärischen Gütern auf Russland und seine Volkswirtschaft aus. Aber eben nicht in dem Maße, wie es sich der Westen erhofft hat. Wir stehen jetzt vor dem 20. Sanktionspaket gegen Russland, und bislang hat noch keines das Kriegsgeschehen zugunsten der Ukraine verändert. | |||
Russland hat nicht nur die Chinesen, sondern die Staaten der BRICS+-Gruppe und der Shanghai-Organisation an seiner Seite, die einerseits Rohstoffe wie Öl von den Russen kaufen und sie andererseits mit Konsumgütern beliefern. Die Russen sind also alles andere als isoliert. Der Glaube an einen baldigen Zusammenbruch der russischen Militärmacht ist deshalb ebenso eine Fiktion wie die Hoffnung darauf, dass die Ukraine den Krieg doch noch auf dem Schlachtfeld gewinnen könnte. | |||
Was Europa fehlt, ist eine geopolitische Gesamtstrategie, die Politik, Wirtschaft, Technologie, Energie, Klima- und Entwicklungspolitik sowie Abrüstung und Rüstungskontrolle synergetisch verzahnt. Nur so kann Europa auf die sich dynamisch verändernden sicherheitspolitischen und strategischen Rahmenbedingungen proaktiv reagieren, eigene Interessen durchsetzen und zu internationaler Stabilität beitragen. Dazu gehört ausdrücklich die Prävention künftiger Konflikte – auch durch die Bekämpfung ihrer Ursachen wie die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen in vielen Ländern, ethnische und religiöse Konflikte sowie Ressourcenknappheit. | |||
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Aktuelle Version vom 20. November 2025, 13:17 Uhr

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General a.D. Harald Kujat: „Für ein Kriegsende und eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung“ |
Der Ukrainekrieg ist für Europa ein Menetekel. Ich plädiere schon lange für die Selbstbehauptung Europas: politisch, wirtschaftlich, technologisch und in Grenzen auch militärisch. Aber das darf nicht Autarkie von der NATO bedeuten, sondern sollte ein starker europäischer Pfeiler im Bündnis sein. Denn nur so können die europäischen Sicherheitsinteressen in der Allianz stärker zur Geltung gebracht werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die auch der NATO angehören, sollten für eine komplementäre und nicht für eine konkurrierende Sicherheitspolitik eintreten und auf diese Weise die geopolitische Handlungsfähigkeit Europas stärken. Denn Europa ist nicht zuletzt durch den Ukrainekrieg geschwächt und in der Machtarithmetik der großen Mächte nahezu in die Bedeutungslosigkeit abgeglitten. Noch dazu, weil Europas strukturelle Probleme der Abhängigkeit den weltpolitischen Einfluss zusätzlich mindern – bisher energiepolitisch von Russland, auch in Zukunft sicherheitspolitisch und strategisch von den USA, wirtschaftlich und technologisch von den USA und China. Die Sanktionen gegen Russland haben unsere Verwundbarkeit offengelegt, interne Divergenzen verstärkt und zentrifugale Kräfte befeuert.
Diejenigen, die nach wie vor an einen Sieg der Ukraine glauben, stützen ihre Hoffnung darauf, dass den Russen bei andauernder Unterstützung der Ukraine und bei gleichzeitiger Fortsetzung der Sanktionen früher oder später die Luft ausgeht. Natürlich wirken sich die Sanktionen wie auch der permanente Verbrauch und Verschleiß von militärischen Gütern auf Russland und seine Volkswirtschaft aus. Aber eben nicht in dem Maße, wie es sich der Westen erhofft hat. Wir stehen jetzt vor dem 20. Sanktionspaket gegen Russland, und bislang hat noch keines das Kriegsgeschehen zugunsten der Ukraine verändert.
Russland hat nicht nur die Chinesen, sondern die Staaten der BRICS+-Gruppe und der Shanghai-Organisation an seiner Seite, die einerseits Rohstoffe wie Öl von den Russen kaufen und sie andererseits mit Konsumgütern beliefern. Die Russen sind also alles andere als isoliert. Der Glaube an einen baldigen Zusammenbruch der russischen Militärmacht ist deshalb ebenso eine Fiktion wie die Hoffnung darauf, dass die Ukraine den Krieg doch noch auf dem Schlachtfeld gewinnen könnte.
Was Europa fehlt, ist eine geopolitische Gesamtstrategie, die Politik, Wirtschaft, Technologie, Energie, Klima- und Entwicklungspolitik sowie Abrüstung und Rüstungskontrolle synergetisch verzahnt. Nur so kann Europa auf die sich dynamisch verändernden sicherheitspolitischen und strategischen Rahmenbedingungen proaktiv reagieren, eigene Interessen durchsetzen und zu internationaler Stabilität beitragen. Dazu gehört ausdrücklich die Prävention künftiger Konflikte – auch durch die Bekämpfung ihrer Ursachen wie die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen in vielen Ländern, ethnische und religiöse Konflikte sowie Ressourcenknappheit.
Links
- Vertragsentwurf von Istanbul 2022 in der NYT vom 15.6.2024
- From Zelenskyy's "surrender" to Putin's surrender: how the negotiations with Russia are going, Roman Romaniuk in der Ukrainska Pravda vom 5. Mai 2022
- Possibility of talks between Zelenskyy and Putin came to a halt after Johnson’s visit - UP sources, Iryna Balachuk und Roman Romaniuk in der Ukrainska Pravda vom 5. Mai 2022
Anmerkungen
Dieser Vortrag, gehalten am 15. November 2025 im Haus der Begegnung zu Heidelberg, erscheint auf Phenixxenia.org mit freundlicher Unterstützung des Autors und Referenten General a.D. Harald Kujat.
- Es gilt das gesprochene Wort -